von Konnie Matena
Da! Dort vorn sehe ich Lichter!
Endlich! Ich habe den Rückweg gefunden. Gleich werde ich den Wald verlassen können.
Ob sich wirklich etwas verändert hat? Ich hoffe es so sehr.
Wie kann ich anderen erzählen, was mir passiert ist?
Ich lasse den Nachmittag noch einmal Revue passieren:
Ich hatte mich verlaufen – im Wald und in meinen Gedanken. Zu groß schienen die Probleme, die uns alle betrafen und zu trivial dagegen meine persönlichen – trotzdem trieben sie mich um. Ich achtete nicht auf den Weg, sondern stapfte vor mich hin und versuchte, Lösungen zu finden.
Irgendwann blieb mir nichts anderes, als einzugestehen, dass ich nicht weiter wusste.
Das Handy half auch nicht, es hatte keinen Empfang.
An einer Gabelung musste ich wieder eine Entscheidung treffen. Rechts? Oder links?
Plötzlich hörte ich schräg über mir eine Stimme: »Du hat Glück. Eine Elfe trifft man nicht jeden Tag.«
Etwas sauste den Hang hinab und landete vor meinen Füßen.
Auch ich pflege so meine Vorurteile und dazu gehört, dass Elfen hübsche, zarte, kleine Wesen sind. Vor mir stand jedoch ein gebeugtes, runzeliges Etwas, dass vielleicht bei divers sein Kreuzchen machen würde.
»Du hast einen Wunsch frei und eine Stunde Zeit zum Überlegen«, schnarrte es.
»Aber, ich dachte, es wären immer drei Wünsche.«
»Das ist ein blödes Gerücht.« Es schnaufte. »In einer Stunde wieder hier.«
»Und wenn nicht?
Ich bekam keine Antwort. Das Wesen war schon fort.
Was sollte ich mir denn wünschen?
Den Weg aus dem Wald? Das wäre wirklich zu banal. Wobei etwas anderes auch nichts nützte, wenn ich nicht wieder heim käme.
Ich lief im Kreis, um nur ja nicht den Treffpunkt zu verlassen.
Ich möchte ein schickes Auto, einen interessanten Job, einen verständnisvollen Freund und viel Geld. →
Was davon wollte ich wünschen? Und wie verhindern, dass ich es wieder verliere?
Vielleicht sollte ich besser etwas weniger materielles wünschen.
Glück? Friede? Freude? Eierkuchen?
Wie könnte ich glücklich sein, wenn mich die gleichen elenden Gesichter anschauen, wie jeden Tag?
Ich dachte an: Glück für alle. Aber, des einen Glück ist des anderen Leid. Das würde nicht funktionieren.
Weltfrieden klingt gut, schließt aber nicht aus, dass die Menschen von Mächtigeren ausgebeutet werden oder am Alltäglichen zerbrechen.
Im Boden bildete sich langsam eine Furche durch meine Runden.
Der Nachmittag ging in den Abend über. Mir wurde kalt.
Was sollte ich mir wünschen? Würde diese Elfe meinen Wunsch wirklich erfüllen können?
»Ein Schritt nach dem anderen«, sagte ich zu mir.
Ich dachte an die letzten Tage: den Ärger mit dem Chef, den Streit mit meinem Freund (wenn er das überhaupt noch war) und den Autounfall, an dem ich jetzt auch noch Schuld haben soll.
Den Polizisten hatte meine Aussage gar nicht interessiert …
Moment … das war es!
Wenig später knarzte die Elfe hinter mir: Hast du dich entschieden?«
Ich fuhr herum und lächelte das Wesen an. »Ja! Ich wünsche mir, dass alle Menschen einander mit aufrichtigem Interesse zuhören.«
Die Elfe verzog scheinbar missbilligend das Gesicht. »Wenn du meinst. So sei es.«
Dann zeigte sie auf den rechten der beiden Wege und verschwand im Dickicht.
Nun habe ich den Wald verlassen und fühle mich ganz leicht ums Herz.
Einander wirklich zuhören, ohne im Kopf schon die Antwort zu formulieren, ohne Wertung und ohne nach dem eigenen Vorteil zu schielen. Das klingt wundervoll.
Zumindest ich werde meinen Wunsch beherzigen und vielleicht auch jeder, dem ich diese Geschichte erzähle.